• Increase font size
  • Default font size
  • Decrease font size
Start Segelfliegen / Motorsegeln Fliegen in Worten Mein erster 300 km Segelflug

Mein erster 300 km Segelflug

Mein erster 300 KM Flug. 31.07.2010 - Ein Flugerlebnisbericht von Pierre Flammer.

Für fast jeden Segelflugpiloten ist das erste Ziel nach dem Scheinerhalt ein 300 Kilometer Segelflug. Da ging es mir nicht anders.
Die Wettervorhersage war gut und die Vereins-LS4 konnte ich den ganzen Tag benutzen. Also warum nicht?!?
Jens hat mir zum Glück bei der Vorbereitung geholfen. Mir ein FAI Dreieck gezeigt und Tips gegeben: das Ziel war Geratshof - Sigmaringen - Aalen - Geratshof.
Zwei Liter Wasser, drei Pinkeltüten und 3 Müsliriegel hatte ich dabei. Es konnte losgehen.

Um 11:46 starte ich.
Nach einer guten Stunde gurke ich immer noch am Platz rum. Zwei mal hatte ich genug Höhe gewonnen um abzufliegen, kam dann aber immer ins Saufen (= starker Abwind) und wollte keine Außenlandung 5 km vom Platz riskieren.
Beim dritten mal klappt es dann endlich, in 1400 Metern MSL fliege ich vom Platz weg.
Bei Türkheim knallt es auf einmal und ich erwische den ersten guten Bart (= Aufwind) an diesem Tag.
Es geht mit fast 2 Metern/Sekunde hoch bis knapp 1800 Meter MSL - jetzt kann's richtig losgehen. Das ist mein persönlicher "Point of no Return" zum Flugplatz Geratshof.

Ich fliege, mehr oder weniger, in Kursrichtung die Wolken ab und freue mich, dass fast jede funktioniert. Teilweise "stolpere" ich auch einfach in Thermik, denn nicht immer bilden sich Quellwolken, die gute Thermik markieren.
Die Kontrollzone des Allgäu Airports Memmingen ist im Weg und ich muss einen Schlänker fliegen.

Wirklich schnell komme ich nicht voran, aber es ist trotzdem schön und spannend, das erste Mal richtig vom eigenen Flugplatz wegzufliegen.
Nordwestlich sehe ich schon die Schwäbische Alp. Dort steht eine schöne Cumuslus Wolke (=Zeichen für guten Aufwind) nach der anderen.
Genau da will ich hin, aber erst muss ich noch nach Sigmaringen. Und das sind immer noch 40 km.
Um 15:20 komme ich dort endlich an. Ich weiß, dass ich jetzt schneller fliegen muss, sonst komm ich vor Thermikende bestimmt nicht mehr am Geratshof an.
Der zweite Schenkel des Dreiecksfluges gestaltet sich deutlich einfacher. Die Wolken sind super! Fast jede Wolke funktioniert und ich komme deutlich schneller voran. Es ist schön zu sehen, wie sich die verbleibenden Kilometer nach Aalen auf dem Bordrechner nach unten zählen.
Überall sind Segelflieger. Das Flarm (=Kollisionswarngerät) piepst die ganze Zeit.
Aber die anderen Flieger sind auch eine gute Hilfe. Sie kreisen unter den Wolken und zeigen mir somit, welche funktioniert.
Die Landschaft hier ist wunderschön. Es ist einfach ein tolles Gefühl so weit weg vom Platz herumzufliegen und "relativ" schnell unterwegs zu sein.
Um 17:00 Uhr komme ich in Aalen an und nach 5 Minuten unter einer Wolke, die nicht richtig funktioniert, fliege ich zur nächsten ab. Zum Glück hab' ich noch genug Höhe.
Die nächste Wolke "zieht"! Jetzt gehts wieder hoch. Erst langsam mit unter einem Meter Steigen pro Sekunde, aber oben dann fast mit zwei Metern pro Sekunde. Ich freue mich, dass die Häuser wieder kleiner werden.
Ich fliege ein Stückchen weiter und nehme die nächste Thermikwolke auch noch mit. Zwar bin ich immer noch ziemlich hoch, aber vor mir ist ein verdammt großes blaues Loch ohne erkennbare Aufwinde.
Etwa 40 Kilometer entfernt sehe ich das Kraftwerk. Jens meinte, das geht meistens. Also ab dahin.


Niedrig komme ich am Kraftwerk an und werde nervös. Darf ich jetzt überhaupt darüber kreisen? Wie hoch muss ich noch mal sein? Verdammt, ich will nicht schon wieder außenlanden!
Ich schau' auf der Karte und lese GND/3400. In meinem Zustand komm ich damit nicht wirklich klar und bin unsicher. Also lieber doch nicht.
Nicht weit weg ist eine Wolke die nicht besonders gut aussieht. Aber ich hab' keine Wahl.
Mühsam geht es mit 0,5 Meter pro Sekunde mehr oder weniger hoch. Ein bisschen weiter weg steht eine bessere Wolke, aber ich bin nicht bereit die 0,5 jetzt liegen zu lassen.
Nach 200 gewonnen Metern fliege ich doch zu der anderen Wolke. Juhuu! Hier geht's etwas besser. Ich kreise über 20 Minuten im gleichen Bart.
Die Häuser werden kontinuierlich kleiner und die Freude wächst wieder. Erste bei 2100 Metern über Meeresniveau ist Schluss.
Vielleicht komm ich ja doch noch nach Hause. Aber leicht wird es nicht. Ich sehe noch ein paar Wolken südöstlich, aber danach ist nichts mehr. Alles blau!
Inzwischen ist es auch schon viertel nach sechs.
Zum Glück funktionieren die Wolken alle. Ich hangel mich von einer zur nächsten und steige erst ganz oben aus.
Das war die letzte. Mein Höhenmesser sagt 1500 Meter über Grund. Der Bordrechner sagt, ich muss noch 50 KM fliegen.
Eigentlich sollte das doch reichen. Ich fliege ab!

Im Bordrechner sind 100 Meter Reserve eingestellt. McReady stelle ich auf 0. Die Anzeige sagt jetzt plus 5 Meter. Mist, das wird eng.
Ich stelle um auf Sollfahrt und versuche exakt zu fliegen. Die Anzeige geht mal rauf und runter, und je näher der Boden kommt, desto nervöser werde ich.
Links unter mir sehe ich den Flugplatz Schwabmünchen. Soll ich da jetzt landen? Ich bin noch 600 Meter über Grund. Nein, ich will es schaffen!
Gleich kommen die Kontrollzonen Lechfeld und Penzing. Drum rum komme ich garantiert nicht mehr, also funke ich die Flugsicherung an und freue mich zu hören, dass keine der Kontrollzonen aktiv ist.
Der Bordrechner schwankt die ganze Zeit. Teilweise habe ich auch noch Abwinde und die Anzeige auf dem Rechner geht bis Minus 70 Meter runter. So ein Mist!
Ab und zu piepst das Vario auch. Aber ich ziehe nur ein bisschen und kreise nicht ein. Das Risko, einen Kreis im Sinken zu fliegen, ist mir viel zu groß.

Der Boden kommt näher und ich schau schon nach passenden Feldern.
Aber jetzt sehe ich schon Ellighofen - als ich dann über die Wälder fliege trägt es zum Glück auch noch leicht.
Das Anzeige im LX ist jetzt wieder mein Freund. Aber das interessiert mich gar nicht mehr - da vorne ist der Flugplatz. Und der Winkel passt.
Ich funke und melde, dass ich nicht genug Höhe für eine Platzrunde habe und direkt in den Queranflug fliegen muss.
Als ich im Queranflug dann noch die Bremsklappen brauche, muss ich schmunzeln!

Nach der Landung schreie ich vor Freude laut auf! Ich habs geschafft!
7 Stunden und 24 Minuten war ich unterwegs. Noch nie saß ich so lange in einem Flieger!
Ich bin glücklich und stolz, weiß aber auch das ich verdammt viel Glück hatte, um die Strecke zu schaffen!

Flugdetails: http://www.onlinecontest.org/olc-2.0/gliding/flightinfo.html?flightId=748720157

PF

 

Design by i-cons.ch / etosha-namibia.ch