Schon
seit dem Beginn meiner Segelflugausbildung im Frühjahr 2001 faszinierte
mich jedes Mal auf’s neue der Anblick, der in der tiefstehenden Sonne
heimkehrenden Streckenflieger aus unserem Verein. Während ich selbst
mühsam die ersten Hüpfer machte und versuchte das Flugzeug dahin
fliegen zu lassen wo es eigentlich hin sollte, bewunderte ich die
Leistungen der anderen Flieger, die wie Kometen beim abendlichen
Überflug ihren Wasserschweif hinter sich herzogen. Der Gedanke, den
ganzen Tag im Flugzeug sitzend in entlegende Gebiete zu fliegen und
dabei Strecken zurückzulegen, die für mich bis dato völlige Utopie
gewesen sind, hielt mich ständig fest. Nachdem ich schließlich nach
meinen ersten Alleinflügen und Umschulungen auf andere Flugzeugtypen
fast das ganze letzte Jahr alleinfliegend und stundensammelnd in
Platznähe in einer Ls4 unterwegs war, wurde es schnell langweilig. Man
kannte nun die Umgebung in- und auswendig und wäre gern ein paar
Kilometer mit den abfliegenden Kameraden mitgeflogen... Nach einem
theoretischen Winter und diversen Prüfungen, die jeder von euch kennt,
kam schließlich der große Tag Ende Mai, an dem ich den Schein der
Begierde in meinen Händen hielt.
|
|
| Plötzlich
war alles anders... Fliegen wann, wohin und solange man will, ohne
einen Flugauftrag und ohne Grenzen. Ein seltsames Gefühl war es schon,
niemanden mehr um irgendwas bitten zu müssen und so langsam seine
persönlichen Limits zu erweitern. Ich war am Ziel!!! Aus einer Laune
heraus und nicht wirklich ernst gemeint antwortete ich eines Vormittags
auf die Frage eines Vereinskameraden „Und – was haste ausgeschrieben?“
„300! Is’ doch klar!“ ...aber auch nur , weil ich einen Technikfimmel
habe und die Aufgabe in’s LX5000 unserer Ls4 programmieren wollte – zu
Übungszwecken. Dann bin ich losgeflogen und wollt’ mal probieren, wie
das so ist -Kursfliegen, Lufträume, Navigation, das mit dem Wetter und
alles, was so zur Streckenfliegerei gehört. Es war der 04.06. und im
Rechner war die Strecke Geratshof-Zwiefalten-Aalen-Geratshof. |
|
| Schnell
war ich an der Grenze meines „Territoriums“. Ist schon eine tolle Sache
mit der „Freiheit“, aber wie bei meinem 50km-Flug war es schon ein
blödes Gefühl, den Gleitwinkelbereich zum heimischen Platz zu
verlassen. Aber das war schnell vergessen. Ich flog munter drauf los
und wurde letztendlich, und auch ein bisschen zu meiner Beruhigung, von
einem sich im Süden aufbauenden Gewitter gestoppt. Ich kam bis Laupheim
und gab Fersengeld. Die Aufgabe wurde zu meiner Passion. Am 09.06.
folgte der nächste Versuch. Auf nach Westen bei einer Basis von ca.
800m über Grund. „Auf der Alb wird’s schon besser!“ dachte ich mir,
weil ich das schon so oft gehört hatte. Pustekuchen. Knapp nach der
Iller war Schluss, und ich kam nach zwei „Fast-Aussenlandungen“ nach
Hause und küsste den Boden. Ich merkte schnell, dass das gar nicht so
einfach ist mit so’nem Dreieck. |
|
|
 |
Am
29.06. wollten wir dann zu dritt, ein Twin3 und zwei Ls4, auf Strecke
gehen und ähnliche Aufgaben fliegen. Irgendwas in mir machte mich sehr
optimistisch....Wasser muß rein in den Flieger. „Der Flieger geht ja
dann viel besser!“, dachte ich mir, aber dass sich das Steigen dann so
verschlechtern würde hatte ich nicht gedacht. Nach dem Start hab’ ich
mich dann mühsam an die Basis gemacht, die ca. bei 900m Grund lag. Die
andere Ls4 war schon ca. 20km weit weg, als ich abflog. Eigentlich
wollte ich mitfliegen und mir ein paar Kniffe abgucken, aber ich hab
sie bis zur Rückkehr nicht mehr gesehen. Der Twin startete 20min. nach
mir und hatte mich schon nach 20km eingeholt. „Toll“, dachte ich „Wenn
der mich schon hat!?!“ Er wich nach Norden aus und ich blieb fast genau
auf der Kurslinie. Nach weiteren 35km trafen wir uns erneut im gleichen
Bart über Kellmünz an der Iller. Zumindest waren wir beide jetzt gleich
schnell gewesen und ich schöpfte Hoffnung. Die Basis war mittlerweile
auf 2.100m NN gestiegen aber vor der ersten Wende sah’s gar nicht so
rosig aus. |
|
| Die
vorausfliegende Ls4 meldete in Zwiefalten nachlassende Thermik aufgrund
einer Abschirmung in dem Gebiet. Wir konnten das sehen und entschlossen
uns trotzdem weiterzufliegen in der Hoffnung den Wendepunkt in großer
Höhe abgleitend zu umfliegen. Kurz vor der Wende konnten wir dann doch
noch Höhe machen und sie umrunden, da die Abschirmung nicht
flächendeckend war. Ich war schon überglücklich bis an die erste Wende
gekommen zu sein. Aber jetzt fing ich an zu denken... Mmmmh - bis
hierher war ich gekommen, aber komm’ ich auch Heim? Ich war um 12:00
Uhr MEZ gestartet und hatte bis hierher 2Std:36min gebraucht. Das war
ein Schnitt von 41km/h! Mir wurde klar, dass dies viel zu langsam sein
würde und ich versuchen musste schneller zu sein. Ach ja! Da war doch
dieser Mr. McCready, nach dessen Theorie ich bis jetzt viel zu
vorsichtig geflogen bin, weil ich die Wolken „sicherheitshalber“ mit zu
wenig Steigen einschätzte und so nicht rumkommen würde. Ich versuchte
mich besser auf das zu erwartende Steigen zu konzentrieren und siehe da
- der Schnitt auf dem nächsten Schenkel sollte ein 66er sein. Auf dem
jetzt vor uns liegenden Weg nach Aalen trennte sich auch der letzte
Flieger von mir südlich vom Beschränkungsgebiet Münsingen. Wie ich
später erfuhr, flog der Twin ab dort wieder heimwärts. Jetzt war ich
völlig auf mich allein gestellt. |
|
| Die
Schwäbische Alb machte ihrem Namen alle Ehre und es ging flott voran.
Ich merkte schnell, dass ich beim Vorfliegen gar nicht so viel Höhe
verloren hatte, wie ich dachte. Mir kamen die 40Liter Wasser wieder in
den Sinn und war beruhigt – vielleicht schaff ich’s ja doch. Ich umflog
Münsingen ohne überhaupt darüber nachzudenken, dass man sich ja
Freigaben einholen könnte. Auch das merkte ich mir für spätere Flüge.
Dann ging es locker flockig auf der Kurslinie schnurstracks nach Aalen,
das ich um 16:00 Uhr MEZ erreichte. Ich rechnete mir aus, dass ich noch
ca. 2 Stunden Thermik haben würde und war mir ab diesem Zeitpunkt,
keinen |
|
 |
|
| Rückholer
aktivieren zu müssen. Aber als ich die Donau südwärts überflog bekam
ich’s doch noch mal mit der Angst zu tun. Wolken waren zwar vorhanden,
aber das Steigen war deutlich geringer. Mir fielen wieder die
Beschreibungen des Donauries ein und war ernüchtert. Das ich das Wasser
ablassen könnte kam mir erst gar nicht in den Sinn. 1200m über Platz in
80km Entfernung und die Aufwinde immer schwächer – ich hoffte auf
Gundremmingen.... Doch für das Kraftwerk war ich zu hoch und hatte
ehrlicherweise einen Höllenrespekt vor dem Ding. Doch dann geschah es.
In ca. 10-15km Entfernung stand nordwestlich von Augsburg ein
Riesending von Wolke. Die oder keine und hin, denn im Zweifel hätte ich
jetzt nicht mehr so lange auf die Rückholer warten müssen. |
|
 |
Und
tatsächlich - die ging noch mit 1,5 - 2m/s integriert und hob mich auf
2.700m NN. Das war das Ticket und der Rechner gab mir recht. +600m
stand auf dem Display und der Heimflug war eine Wonne. Sightseeing war
angesagt und ich kam bequem nach Hause. Nach 55km Endanflug und einem
vorsichtigen Überflug mit Wasser ablassen (mann war das toll auch mal
einen Streifen in den Himmel zu schreiben) schlug ich bei uns auf dem
Geratshof auf. Auf die Fragen, ob man rumgekommen sei bekam ich das
Grinsen den ganzen Abend nicht mehr aus meinem Gesicht. |
|
| Dirk Küpper / LSV Geratshof e.V. |
|